ANDRE HELLER – „Ruf und Echo“, 3-CD-Box, Legendary Releases-Review

Lange, sehr lange hat man nichts mehr von André Heller gehört. Zumindest nichts musikalisches in Form von neuen Songs. Als Künstler beweist er ja regelmäßig seine Vielseitigkeit mit den unterschiedlichsten Aktionen. Mit „Ruf und Echo“ ist ihm eine wunderbare 3er CD-Box gelungen, die anno 2003 dann auch für dementsprechend Aufsehen gesorgt und zu massiven Kontroversen geführt hat.


Auf CD 1 fndet man neue Lieder von André Heller. Mit wunderbaren Texten und wunderbaren Melodien. Teilweise interpretiert er die neuen Songs gemeinsam mit anderen Musikern, darunter z.B. mit Xavier Naidoo oder The Walkabouts. Mit letzteren singt er hier eine traumhaft schöne englisch/deutsche Version von „Für immer jung“ (original „Forever young“ von Bob Dylan). CD 2 bietet ältere Songs und Raritäten, gesungen von Xavier Naidoo, den Waxolutionists, Thomas D., The Walkabouts und vielen anderen mehr. Einiges davon ist gut, manches davon weniger, aber das ist letztens Geschmackssache… CD 3 ist die Bonus-CD. Eine Best Of-CD mit den meisten großen Erfolgen von André Heller, immerhin 22 an der Zahl! Mit dabei natürlich das Original von „Für immer jung“ mit Wolfgang Ambros, „Mir träumte“, „Und dann bin i ka Liliputaner mehr“, „Zehn Brider“, „Die wahren Abenteuer sind im Kopf“, „Wie mei Herzschlag“ und das ewig unvergessene „A Zigeiner mecht i sein“, hierauf mit einem Live-Mitschnitt von München 1980 vertreten. Verpackt in einer wunderbaren 3er Box mit schönem Booklet  mit vielen Fotos, tollen Texten über ihn und Erinnerungen en masse. Hinzu kommt noch, dass die 3 CD-Box für einen äußerst fairen Preis über die Ladentische geht. Andere Künstler können und sollten sich daran ein Beispiel nehmen! Schon alleine die 3 Lieder auf den CDs, an denen Xavier Naidoo beteiligt ist und mitsingt wären den Kauf dieses CD Sets für echte Naidoo-Fans wert. Doch diese, die schon alleine unvergleichlich sind, sind nur ein ganz kleiner, wenn auch nicht unbedeutender Teil des gesamten Werkes. Veredelt wird das Opus nicht nur durch die Interpretationen Heller’s selbst, sondern auch durch die Partizipation anderer, mehr oder weniger bekannter doch durchaus überdurchschnittlich musikalischer Künstler. Hervorheben muss man hier unbedingt die Interpretation von „Die wahren Abenteuer sind im Kopf“ durch die Waxolutionists oder auch durch Thomas D. Beeindruckend sind Heller’s Interpretationen vom berühmten „Jean Harlow Lied“ oder auch von „Ich lasse meinen Körper schwarz bepinseln (Ich fordere)“ die schwungvoll im Stil der 30er Jahre gehalten sind. Andere Lieder wiederum kommen eher einfach poetisch romantisch und ebenfalls einfach schön. So lässt einen „Leon Wolke“ weit mehr als nur ein wenig beeindruckt, ergreifend ist das „Angstlied“, romantisch stimmt einen „Miramare“ und tief beeindruckt wird man auch vom Lied vom „Onkel Jakob“ aber auch die Geschichte von „Schnuckenack dem Ziegeuner“ lässt einen nicht kalt. Einen bleibenden Eindruck hinterlässt auch das Stück „Maria Magdalena“, an dem Astor Piazzola mitwirkt. Der Mix und die Titelzusammenstellung ist schlichtweg gelungen und einen Kauf den man sicher nicht bereuen wird wert.

Legendary Releases-Review by TIMOTHY DiLEO

…und das schrieb André Heller seinerzeit höchstpersönlich selbst über sein 3-CD-Kompendium:

Ich hätte geschworen, daß ich nie mehr in die Studios zurückkehren werde. 1983, – auf dem Höhepunkt einer sogenannten Karriere, verabschiedete ich mich von diesem Genre und seinen Begleitumständen wie Konzerte und Fernsehauftritte. Es war genug. Und meine Intuition bat mich dringend, zu neuen Ufern zu reisen. Zwanzig Jahre später lockte mich ein sympathischer junger Schallplattenmanager, Chris Gelbmann, in einige Gespräche über mein musikalisches Werk, das mir bereits so fern war, daß mein zu diesem Zeitpunkt zwölfjähriger Sohn nicht einmal wußte, daß ich jemals auf diesem Feld gesät und geerntet hatte. Gelbmann stellte mir trickreich mehrere begabte und berühmte Stars der Gegenwart vor, die daran interessiert schienen, sich mit meinen alten Liedern auseinanderzusetzen und manches davon neu zu interpretieren. Ich zögerte lange und wurde dann von der liebenswerten Begeisterung der anderen mitgerissen. In meinem italienischen Paradies errichteten wir für einige Monate ein Studio und musizierten und feierten. Ich schrieb auch etliche neue Texte und Melodien und fand in vergilbten Notizbüchern Unveröffentlichtes, das ich verloren glaubte. Dann besuchten mich Freunde wie Brian Eno und der geheimnisumwitterte Terzi Shogricht und fügten spontan Splitter ihrer Handschrift hinzu. Es war eine gute Zeit, und ich bin allen, die daran teilhatten, sehr dankbar. Zuletzt entschied ich, daß ein Kompendium von drei CDs das richtigste Angebot an den eventuellen Hörer wäre.

CD 1: Die neuen, zwischen meinem 55. und 56. Jahr entstandenen Lieder und Übersetzungen plus Neuaufnahmen von „Für immer jung“ und meinem frühesten Lied überhaupt: „Du, du, du“.

CD 2: Die Umwandlungen, Neudeutungen und gelegentlichen Deformationen alter Lieder durch Meister von heute plus einer Hommage an mein über alles geliebtes einziges Kind, die Xavier Naidoo unnachahmlich interpretiert, sowie eines Venedigliebesliedes und des von mir selbst gesungenen „Wast du net“, das ursprünglich mit 1977 datiert ist.

CD 3: Eine CD mit 22 der mir heute noch am wenigsten fremd seienden unter den historischen Originalaufnahmen der 60er-, 70er- und frühen 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts plus einem bisher unveröffentlichten Konzert-Mitschnitt. Ich schäme mich für das Ergebnis nicht. Manches ist etwas abseits von dem Ton, auf den ich selbst gestimmt bin, aber alles erscheint mir zumindest Diskussionen wert.

André Heller, Gardone Riviera, 18. September 2003

Track-Liste „Ruf und Echo“ (2003):

  • CD 1
  • 1. „Du, du, du“ (Duett mit Xavier Naidoo)
  • 2. „Du bist ja blind, Klane“
  • 3. „Der Süden“
  • 4. „Eine plötzliche Erinnerung (Adios)“
  • 5. „Tod eines Kapitäns“
  • 6. „Wie die Rotunde“
  • 7. „Für immer jung“ (Duett mit The Walkabouts)
  • 8. „Leon Wolke“
  • 9. „Im Himmel“
  • 10. „Schnitterlied“ (Duett mit Xavier Naidoo)
  • 11. „Messernacht“
  • 12. „Wovon würdest du dann singen?“
  • CD 2
  • 1. „Liebster du“Xavier  Naidoo
  • 2. „Die wahren Abenteuer sind im Kopf“Waxolutionists
  • 3. „Was mir der Dichter Luis Rosalez in etwa erzählte“Thomas D.
  • 4. „Immigrant Song“The Walkabouts
  • 5. „Und dann bin i ka Liliputaner mehr“ Terzi Shogricht
  • 6. „Gottes Lachen“Brian Eno
  • 7. „Abendland“Thomas D.
  • 8. „Venedig“Laith Al Deen, Edo Zanki & Cae Gauntt
  • 9. „Wast du net“
  • 10. „Esther“The Walkabouts
  • 11. „Ist schon vorbei“Hans Platzgumer
  • 12. „Die wahren Abenteuer sind im Kopf“Thomas D.
  • CD 3 – Bonus CD
  • 1. „Mir träumte“
  • 2. „Onkel Jakob“
  • 3. „Das berühmte Jean Harlow Lied vom 4. Oktober 1970“
  • 4. „Für immer jung“ (Duett mit Wolfgang Ambros)
  • 5. „Miramare“
  • 6. „Die Kinde sind immer aus Wien“
  • 7. „Mein Freund Schnuckenack“
  • 8. „1 2 3 unterm Kirschbaum“
  • 9. „Angstlied“
  • 10. „Mann und Frau“
  • 11. „Und dann bin i ka Liliputaner mehr“
  • 12. „Maria Magdalena“ (featuring Astor Piazzola)
  • 13. „Ich fordere“
  • 14. „Zehn Brider“
  • 15. „Dieser Augenblick von Ewigkeit“
  • 16. „Das Lied vom Idealen Park“ (Duett mit Flora Purim)
  • 17. „Denn ich will“
  • 18. „Miruna, die Riesin aus Göteborg“ (featuring Freddie Hubbard)
  • 19. „Die Abwesenheit“
  • 20. „Die wahren Abenteuer sind im Kopf“
  • 21. „Wie mei Herzschlag“
  • 22. „A Zigeina mecht i sein“ (Konzertmitschnitt aus dem Zirkus Krone, München 1979, featuring Hansi Dujmic – Guitar und Peter Wolf – Piano)

Tom
Über Tom 747 Artikel
X-ACT Music Magazine - Gründer, Erfinder, Herausgeber, Medieninhaber, Chefredakteur, Design, Logo-Creator. Sonst noch: Gitarrist, Composer, Arranger, Producer, Bandleader.