BON JOVI – „2020“ (CD-Review)

Bon Jovi„2020“ (Universal Music). Anfang Oktober veröffentlichten Bon Jovi ihr neues Album „2020“. Geplant war diese ja bereits Monate früher, die gegenwärtige Pandemie war für die Verschiebung verantwortlich, aber auch sonst hat sich beim Album in den letzten Monaten einiges noch geändert.

Bereits im Frühjahr 2019 kündigt Jon Bon Jovi ein neues Album an. Es soll den Titel „2020“ tragen und entsprechend dem Wahljahr in den Staaten vor allem politische Themen zum Inhalt haben. Im November 2019 erscheint als Vorbote der erste Song des neuen Albums – „Unbroken“. Der Song ist auch in der Netflix-Dokumentation „To be of service“ zu hören. In der Doku geht es um US Veteranen, die nach ihren Kriegseinsätzen an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. Therapiehunde sollen den Veteranen auf ihrem Weg zurück ins normale Leben helfen. Im Song „Unbroken“ versetzt sich Jon Bon Jovi in die Lage eines Veteranen, der mit dem Gespenst des Kampfes weiterleben muss. Der Sänger ist der Soldat, der die Geschichte erzählt, deshalb beschränkt sich die Gitarre auch auf angedeutete Akkorde.

Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung nimmt Jon Bon Jovi den Song erneut auf, diesmal gemeinsam mit Prinz Harry und dem Invictus Games Choir in den Abbey Road Studios in London. Die Einnahmen aus dieser Single sollen den Paralympics zu Gute kommen. Etwa zur gleichen Zeit erscheint eine weitere Single „Limitless“. Ein rockiger Song, der vom Stil her auch auf dem letzten Album „This House Is Not For Sale“ hätte drauf sein können.

Im März erscheinen neben den geplanten Tourdaten auch die Titel der Songs, die auf „2020“ enthalten sein werden. Doch es kommt anders. Die geplanten Konzerttermine werden verschoben und auch der Veröffentlichungstermin des Albums. Kurz darauf gelangen Bon Jovi erneut in die Schlagzeilen. In Chicago wird als Zeichen der Verbundenheit und des Optimismus „Living On A Prayer“ gesungen – von Balkonen, in Gärten, mit Gitarren, Pianos und anderen Instrumenten. Unzählige Videos dazu finden ihren Weg auf Youtube.

Im Lockdown entsteht auch ein weiteres Lied von Bon Jovi. Jon singt die erste Strophe und den Refrain von „Do What You Can“ und Fans können ihre Videos mit eigenen Strophen hochladen. Im August erscheint „Do What You Can” als Single und als Video. Kurz darauf wird der Song als Duett gemeinsam mit Jennifer Nettles veröffentlicht. Mit der Sängerin von Sugarland haben Bon Jovi ja bereits den Song „Who Says You Can’t Go Home“ für die US Version des Albums „Have A Nice Day“ aufgenommen.

Als George Floyd im Rahmen eines Polizeieinsatzes in Minneapolis brutal getötet wird, entsteht ein weiterer neuer Song – „American Reckoning“. Eine eindringliche, von einer Akkustik Gitarre getriebene Ballade, die sich mit dem Tod von George Floyd und mit der Black Live Matters“ Bewegung auseinandersetzt und nicht nur wegen des Harmonica Parts an Bruce Springsteen erinnert. Die Einnahmen aus dieser Single bis Jahresende spenden Bon Jovi Bryan Stevenson’s „Equal Justice Initiative“.

Die Band beschließt die beiden neuen Song auf das Album zu nehmen, dafür werden die beiden Songs Shine und „Luv Can“ nicht mehr berücksichtigt. Als Bon Jovi „2020“ Anfang Oktober schlussendlich auf den Markt bringen, sind den Fans vier der zehn veröffentlichten Songs bereits bekannt.

Hieß es in den 80ern noch „…your love is like bad medicine“ singt Bon Jovi nun „Love Is A Beautiful Drug”. Ein Midtempo-Rocker a la Bon Jovi nach der Jahrtausendwende. „Story of Love“ handelt von der Beziehung von Vätern mit ihren Töchtern und Mütter mit ihren Söhnen – ein ruhiger Song, der schon fast etwas zu seicht dahin plätschert, bis der ruhige Instrumentalpart, der das letzte Drittel des Songs dominiert etwas entschädigt.

„Let It Rain“ erinnert zu Beginn ein wenig an „Blood on blood“, aber auch ein weiteres Mal an den Boss, ist aber nichts desto trotz eine coole, sozialkritische Hymne. Für mich eine der lässigsten Nummern des Albums. Mit „Lower The Flag“ folgt wieder ein ruhiger Song, der sich mit den Amokläufen und Waffenbesitz in Amerika eindringlich auseinander setzt. „Word just came from upstate joe, lower the flag again, this time it’s Dayton, Southwest Ohio, last night El Paso, Texas counted 22 dead …” heißt es in dem Akkustik-Song, der mit der Aufzählung der Städte endet, die kürzlich von Amokläufen heimgesucht wurden.

Ein weiteres Highlight des Albums ist sicher „Blood In The Water“ „Dry County“ – Teil 2. „Blood In The Water” schließt musikalisch und thematisch am beinahe dreißig Jahre alten Klassiker der Band an und handelt von illegalen Einwanderern, so heißt es da aus deren Perspektive „….once I came across your border, now they come to take me back, I sleep with one eye open, I don’t make waves, I don’t leave tracks, for my daughter and my three sons it’s the only life they’ve known…“

“Brothers in Arms” rockt cool und sleazy aus den Boxen, wenn auch der Text wieder sehr kritisch ist und die heutigen Zustände und Lebensumstände für die Minderheiten in den Südstaaten, aber auch generell in Amerika anprangert.

Mit „2020“ ist Bon Jovi eines der besten und spannendsten Alben der letzten Jahre gelungen. Sie haben sich zwar weit von der Partyband der 80er entfernt, verstehen es aber mit ihren Lyrics und ihren Melodien die Fans zu fesseln. Schade, dass sie es auf der Veröffentlichung bei zehn Songs belassen haben. Auf der CD wäre noch leicht Platz für die zwei weggelassenen Songs sowie für die Benefiz-Version von „Unbroken“ und das Duett mit Jennifer Nettles gewesen. Die Download-Version gibt es ja bereits als Deluxe-Variante mit drei der vier erwähnten Songs.

CD-Review by MICHAEL STECHER

 

Tom
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X-ACT Music Magazine - Gründer, Erfinder, Herausgeber, Medieninhaber, Chefredakteur, Design, Logo-Creator. Sonst noch: Gitarrist, Composer, Arranger, Producer, Bandleader.